Sonntag, 2. Dezember 2007

Kleine Rätselfrage:


Was verschwindet, wenn man es (evolutionär) erklärt?




Wer noch etwas darüber nachdenken möchte, sollte ab hier erstmal nicht weiterlesen. ;)






Die Antwort ist: Altruismus. Selbstloser Einsatz für andere, sogar völlig fremde, auch unter Gefahr für das eigene Leben. Ein Wort, das das sehr treffend bezeichnet, ist das griechische Wort Agape, das in den christlichen Schriften der Bibel vorkommt und als uneigennützige, schenkende Liebe übersetzt werden kann.

Schon Darwin hatte seine Probleme mit dem Altruismus. Seiner Vorstellung nach erklärt er sich im Tierreich vor allem durch Blutsverwandtschaft. Arbeitsbienen zum Beispiel, die sich für ihren Bienenstock opfern, schützen ihre Blutsverwandten und verhelfen damit indirekt Kopien der eigenen Gene zur Fortpflanzung. William D. Hamilton, den viele als Darwin des 20. Jahrhunderts bezeichnen, widmete sich dem Problem Altruismus und berechnete mit Formeln dessen Wahrscheinlichkeit und Nützlichkeit.

Altruismus unter Tieren mag in dem Sinne vielleicht noch erklärbar sein, der Wert menschlichen Altruismus' definiert sich jedoch gerade über Begriffe wie Freiwilligkeit. Hätte man einen Film über Oskar Schindler gedreht, wenn er nur aufgrund eines biologischen Imperativs so gehandelt hätte, wie er gehandelt hat, der sich für irgendwelche Gene als nützlich erwiesen hat? Bedingungslose, uneigennützige Liebe wäre eben nicht mehr bedingslos und uneigennützig, wenn sie irgendwo versteckt doch an irgendwelche Bedingungen und einen, wenn auch indirekten Eigennutz geknüpft wäre. Ein Erklären im Sinne darwinscher Modelle kommt hier einem Wegerklären, einem Zerstören gleich.

Aus rein wissenschaftlicher Sicht mögen solche ethischen Erwägungen irrelevant sein, trotzdem ergibt sich bei dieser Betrachtung letztlich das Bild einer Theorie, die ein Problem mit Selbstlosigkeit und Güte hat und sie aus ihrem Weltbild entfernen möchte. Und die jedem, der glaubt, selbstlos zu handeln, potentiell
unterstellt, letztendlich doch nur eigennützig zu sein. Das ist einer dieser Gründe, warum ich Wissenschaftler nicht verstehe, die nicht das geringste Problem zwischen Evolutionstheorie und christlichem Glauben sehen.*


** Francis Collins hält zwar beispielsweise Altruismus nicht für darwinistisch erklärbar, was aber letztlich auch daraus hinaufläuft, dass man der Darwinschen Theorie die Erklärungsmacht abspricht, die sie für sich einfordert. Bis zu welchem Grad man das macht, wenn man es eh schon macht, scheint wohl eine Frage der persönlichen Konsequenz zu sein.

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