Dienstag, 8. Mai 2007

Der perfekte House-Arzt

Ihm ist kein Virus zu heimtückisch, keine OP zu schwierig, kein Bein zu dick - und dabei hat er immer einen knochentrockenen, schwarzhumorigen Spruch auf Lager. Einen Arzt wie Dr. Gregory House, der in einem Krankenhaus in New Jersey arbeitet, sich auf heimtückische Infektionskrankheiten spezialisiert hat und vom zweimal mit dem Golden Globe ausgezeichneten Hugh Laurie verkörpert wird, kann man sich in der Realität eigentlich nur wünschen. Viele Ärzte kommen House´ Grantigkeit zwar schon erstaunlich nah, nur eine vergleichbar treffsichere Diagnose bekommt man wohl eher selten für seine zehn Euro.

Dr. House ist das einsame Highlight einer größeren Zahl von Serien - CSI, Cold Case, etc. - die derzeit um die Zuschauergunst buhlen, und in denen der menschliche Körper hauptsächlich als Forschungsobjekt für kühle Analytiker präsentiert wird. Bei Dr. House leben diese Objekte zumindest noch, und das vorrangig anatomisch-pathologische Interesse am Menschen wird durch den Hauptdarsteller selbstironisch reflektiert. In der Inszenierung zeigt sich die Philosophie dieser Serien hauptsächlich durch tricktechnisch mehr oder weniger gut realisierte Crash-Fahrten in den Körper hinein, wo gerade irgendein Organ aufreißt, anschwillt oder explodiert.

Die einzelnen Folgen sind gut geschrieben, wenn auch manchmal etwas konstruiert - da rastet schon mal ein nymphomanisches, minderjähriges Model auf dem Laufsteg aus, weil sie Krebs in einem bisher unentdeckten Hoden hat. Und insgesamt gesehen gewinnt man den Eindruck, dass der menschliche Körper ein ziemlich fragiles, unberechenbares Gebilde ist, dass jederzeit auf tausenderlei skurrile Arten seinen Exitus finden kann. Letzteres wird in anderen Serien wie CSI Miami dann auch wesentlich mehr zelebiert.

Ähnlich wie in den zahllosen Horrostreifen der letzten Zeit steht hier in Bezug auf die "Maschine Organismus" das destruktive Element wesentlich mehr im Vordergrund. Die Weisheit Quentin Tarantinos - "Es ist interesanter einem Auto beim Explodieren zuzuschauen als beim Parken" - hat gegen die alte chinesische Weisheit - "Jeder dumme Junge kann einen Käfer zertreten, doch kein Professor der Welt konnte je einen herstellen" - gewonnen. Man könnte darüber spekulieren, ob das größere Interesse an zerquetschten Käfern damit zusammenhängt, dass die Professoren dieser Welt das Herstellen von Käfern, zumindest rein theoretisch und prinzipiell, als geklärt sehen - Fragezeichen also als Ausrufezeichen verkleiden - und sich die Faszination für Käfer deshalb auf das Zerquetschen beschränken muss -

Oder inwieweit das dadurch zum Ausdruck gebrachte Misstrauen gegenüber der Kontrolle des Geistes über den Mechanismus Körper einem grundsätzlichen Höherbewerten der Materie gegenüber des Geistes geschuldet ist.

House würde solche Fragen wohl mit einem Hochziehen der Augenbrauen und einem zynischen Kommentar beantworten. Nur mit welchem?

(RTL wiederholt ab heute die erste Staffel)

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