Die Church of England bittet Charles Darwin - 126 Jahre nach seinem Tod - um Entschuldigung. Für was eigentlich? Rev. Dr. Malcolm Brown schreibt unter der Überschrift "Good religion needs good science": "When a big new idea emerges which changes the way people look at the world, it’s easy to feel that every old idea, every certainty, is under attack and then to do battle against the new insights. The church made that mistake with Galileo’s astronomy, and has since realised its error. Some church people did it again in the 1860s with Charles Darwin’s theory of natural selection."
Browns Text folgt den üblichen Argumentationsschemen; Dinge, die schon anderswo hunderte Male gesagt wurden. Es gäbe keinen Konflikt zwischen Darwins Selektionstheorie und dem Christlichen Glauben*, die aktive Anwendung der Selektionstheorie auf Menschen war ein schlimmes Misverständnis**, etc. pp. Sogar zwei Bibelstellen führt Brown an: Jesu Aufforderung an seine Jünger, die Vögel und die Lilien auf dem Feld zu betrachten, sowie Johannes 16 Vers 12 und 13: "Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten." Darwin als geleitet vom Geiste der Wahrheit, der publik machte, was Jesus noch nicht zu sagen wagte - wenn das keine frohe Botschaft ist...
Hintergrund dieses Mea Culpa ist unter unterem die berühmte Auseinandersetzung zwischen Bischof Wilberforce und Thomas Henry Huxley im Jahre 1860. Die FAZ bemerkt dazu: "Die Geschichte ist bekannt: Eintausend Zuhörer hatten sich in dem Hörsaal des Naturgeschichtlichen Museums in Oxford eingefunden und lauschten nun der legendären Frage des Bischofs, ob Thomas Henry Huxley, der als Verteidiger der Evolutionstheorie in den Ring gestiegen war, über seine Großmutter oder den Großvater mit dem Affen verwandt sei. Die nicht weniger legendäre Antwort von Huxley lautete, dass er lieber einen Affen zum Großvater hätte als einen Mann, der seine Bildung und seinen Einfluss dafür einsetze, eine wissenschaftliche Diskussion ins Lächerliche zu ziehen. Kurzum: Huxley wollte lieber vom Affen als vom Pfaffen abstammen."
Heutzutage erscheint die ironische Frage des Bischofs jedoch geradezu artig im Vergleich zu dem zynischen Ton, der gegenüber Vertretern des Kreationismus oft angeschlagen wird. Wilberforce rezensierte Darwins Werk im übrigen einen Monat nach dem Zusammentreffen mit Huxley und attestierte Darwin eine "außergewöhnliche Klugheit". Und warum entschuldigt man sich eigentlich nicht auch gleich posthum bei Huxley? Im Entschuldigen scheint die CofE zumindest Übung zu haben. Die britische Ministerin Ann Widdecombe kommentiert: "It’s absolutely ludicrous. Why don’t we have the Italians apologising for Pontius Pilate? We’ve already apologised for slavery and for the Crusades. When is it all going to stop? It’s insane and makes the Church of England look ridiculous". Auch sonst scheint die Entschuldigung eher Kopfschütteln auszulösen.
Der Vatikan merkt an, dass man sich im Gegensatz zur anglikanischen Kirche nicht zu entschuldigen brauche. Darwin wurde nie verurteilt, Papst Pius XII. und zuletzt auch Johannes Paul II. hätten die Stichhaltigkeit vieler Punkte der Evolutionstheorie ausdrücklich bestätigt.
Einer Kanonisierung Darwins scheint eigentlich nichts mehr im Wege zu stehen. Zumindest wäre das wohl die PR-Aktion in seinem 150. Ehrenjahr.
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*Meine Meinung dazu habe ich zum Teil hier wiedergegeben.
** Man könnte sich fragen, warum Darwins Selektionstheorie eigentlich nicht auf Politik und Soziologie angewendet werden sollte , wenn andererseits nichts in den Geisteswissenschaften Sinn ergibt, außer im Lichte der Biologie
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