Sonntag, 27. Juni 2010

Neuer Stil, Name und Adresse

Schon seit längerem habe ich überlegt, den Blog mit einer richtigen Domain zu verbinden, nur leider fiel mir kein guter Name ein. "Schöpfung, Evolution, Intelligent Design" hat mir ehrlich gesagt auch nie wirklich gefallen. Zumal auch die meisten deutschen Evolutionskritiker zunehmend auf Distanz zum Begriff 'intelligent design' gehen, und auch ich mich in letzter Zeit weniger mit dem beschäftigt habe, was zu diesem Thema aus den Staaten kommt.

Die Domain missinglinks.info liegt mittlerweile schon seit mehreren Jahren brach; ursprünglich war geplant, zusammen mit Christoph Heilig darunter eine Plattform für Aufsätze von Schülern und Studenten zum Ursprungsthema zu betreiben. Da Christoph aber zwischenzeitlich das Lager gewechselt hat und ich den Erfolg eines solchen Unternehmens auch nicht mehr als besonders groß einschätze, lag es nahe, die Domain für den Blog zu nutzen. Immerhin ist der Name 'Missing Links' ganz griffig, und der Header war ebenfalls schon fertig.

Wer den Blog also auf seiner Seite verlinken möchte oder ihn bereits verlinkt hat, sollte bitte die Adresse missinglinks.info und den Namen "Missing Links" benutzen.

AKTUALISIERUNG: Leider kommt es durch die verschiedenen Browser wie Internet Explorer, Google Chrome, Mozilla, Opera, et cetera, zu Darstellungsproblemen. Deshalb bitte ich um Rückmeldungen, falls die Darstellung des Blogs unter der Adresse missinglinks.info fehlerhaft sein sollte.

Samstag, 12. Juni 2010

"Lebewesen und Design"


Titel: Lebewesen und Design. Eine Einführung.
Autor: Markus Rammerstorfer

Verlag: BoD, Norderstedt
ISBN: 978-3-8391-3243-2
Seiten: 108
Preis: 8,80



Wie angekündigt hier einige Gedanken zum jüngsten Buch von Markus Rammerstorfer. Es stellt laut Einleitung an sich selbst den Anspruch, „wesentliche Inhalte und grundlegende Argumentationen von 'Nur eine Illusion?' (2006) in überarbeiteter, kompakterer und zugänglicherer Form neu zu präsentieren“. Sozusagen für Menschen, die zwar ein grundsätzliches Interesse für die Design- und Teleologie-Thematik aufbringen, jedoch mit einer etwas niedrigeren „Leidensfähigkeit“ in Bezug auf Original-Zitate, „offizielle wissenschaftliche Ausdrucksweisen“, etc. Als langjähriger Interessierter an dieser Thematik kann man wohl nicht wirklich objektiv beurteilen, wie allgemein-verständlich oder populärwissenschaftlich ein Buch ist - immerhin ist man mit den wichtigsten Fachbegriffen, Persönlichkeiten und Argumenten vertraut. Ich denke aber, dass es sich für den interessierten Laien doch sehr gut und mit Gewinn liest, und entscheidende Argumente liefert.

Gravierende Unterschiede gibt es insofern gegenüber „Nur eine Illusion?“ auch nicht. Markus Rammerstorfer versucht auch hier, eine Bresche für das Design-Argument zu schlagen, und dessen Image als längst begrabene Leiche zu revidieren. Die Reanimation wirkt auf jeden Fall überzeugend, wobei man sich jedoch auch fragt, wohin die Reise für den Wiederauferstandenen gehen soll. Zeichnete der Autor in „Nur eine Illusion?“ noch die Vision einer 'Generaltheorie intelligenten Designs', fehlen die Zukunftsaussichten in „Lebewesen und Design“ meiner Meinung nach etwas.

Zunächst werden die Wurzeln der biologischen Ursprungsdebatte beleuchtet, was insofern immer interessant ist, dass sowohl das Design-Argument als auch die Idee, dass Leben durch rein naturgesetzliche Vorgänge irgendwie aus toter Materie entstand, bereits sehr früh ebenso intelligente wie prominente Befürworter fanden. Erste Station ist die Naturtheologie William Paleys sowie Humes allgemeine Kritik derselben, dann folgt Darwin. Darwin soll der Wendepunkt in der Design-Debatte schlechthin sein, und Richard Dawkins und andere können sich nicht vorstellen, Atheist gewesen zu sein, wenn sie vor der Veröffentlichung von Darwins „Origin of Species“ gelebt hätten. (Diese epochale Bedeutung Darwins verwundert vor allem dann, wenn andererseits der Vorwurf erhoben wird, dass Evolutionskritiker zu sehr auf seiner Theorie „herumreiten“ und sich die Evolutionsbiologie seit Darwin doch entscheidend verändert habe.)

Im folgenden widmet sich Rammerstorfer dem Wesen der Zielgerichtetheit in der belebten Welt und arbeitet heraus, dass sie real und ein besonderes Phänomen der Biologie ist. Insofern hat die Biologie eine naturgegebene Sonderstellung, derer sich Biologen wohl auch bewusst sein sollten. (Das scheint jedoch oft nicht der Fall zu sein, wenn man bedenkt, wie oft biologische Vorgänge in polemischer Weise mit Vorgängen wie der Entstehung von Wolken oder Schneeflocken etc. gleichgesetzt werden, um die Teleologie-Diskussion obsolet zu machen.)

Insofern sollte die Leben-Technik-Analogie, um die es im nächsten Kapitel geht, wohl mehr als erlaubt sein – sind lebende Zellen automatisierten Fabriken doch wesentlich ähnlicher als Eiskristallen. Interessant ist in dem Zusammenhang eh, dass in solchen Leben-Technik-Vergleichen immer der derzeitige Stand menschlicher Technologie betont wird. Lebewesen seien komplexer als alles, was wir bisher bauen können. Wobei wir die Vorgänge in der Zelle heutzutage immerhin mit den Abläufen in modernen industriellen Fertigungsstraßen vergleichen können. Hätte man zu Darwins Zeiten in die Zelle sehen können, wäre man vermutlich auf überhaupt keine vergleichbare menschliche Technologie gekommen. In Zukunft wird man sich wohl in Bezug auf Selbtreparaturfähigkeit, Selbstreproduzierbarkeit, etc., immer mehr den biologischen Strukturen annähern. In Anbetracht dieser stetigen Weiterentwicklung, die von der Bionik auch angetrieben wird, wäre es vielleicht sogar angebrachter, nicht von einer Technik-Analogie, sondern von einer - zwar kühnen, aber grundsätzlich möglichen - Technik-Extrapolation zu sprechen.

Am Ende des Kapitel widmet sich Rammerstorfer noch dem möglichen Vorwurf, dass eine rein technische oder maschinelle Betrachtung des Lebens kalt und entwertend ist. Das gilt wohl vor allem in Bezug auf das Gehirn. Rammerstorfer schreibt:

Wäre beispielsweise das menschliche Gehirn tatsächlich vollständig als (unvorstellbar) komplexe Maschine beschreibbar [...] und dabei ein Phänomen wie beispielsweise die Liebe zu einem Mitmenschen erzeugt, dann würde dies an sich diese Liebe noch nicht entwerten.

(Seite 34/35)

Interessanterweise ist er damit offen für eine rein materialistische Erklärung des menschlichen Geistes, entscheidend wäre dann nur noch die Entstehung dieser „Geist-Maschine“. Im Prinzip bin ich das auch, aber ich stelle trotzdem ein gewisses Unbehagen gegenüber dieser Vorstellung fest. Wäre das Ich-Bewusstsein einer Person komplett durch, sozusagen, rein materielle Prozesse einer komplexen Maschine produzierbar, dann bestünde zumindest rein theoretisch die Möglichkeit, eben diese Prozesse in einer gleichermaßen komplexen Maschine nachzubilden. (Und welcher Naturalist würde grundsätzlich bestreiten, dass wir nicht irgendwann genauso komplexe Strukturen wie Gehirne erzeugen könnten...) Man könnte also rein theoretisch das Ich vervielfältigen und eine Maschine oder ein Gehirn bauen, das glaubt, auch 'ich' (also in meinem Fall Martin Funke) zu sein. Im Endeffekt müsste man sich dann konsequenterweise vom Begriff des Individuums verabschieden, denn ursprünglich bedeutet Individuum ja 'Das Ungeteilte'. Darin besteht wohl auch der Vorteil von platonischen Konstrukten wie der 'unsterblichen Seele', dass sie jedem Bewusstsein eine absolute Einmaligkeit garantieren. Das aber nur „off-topic“ und als Randgedanke, zu dem man gesondert etwas mehr schreiben könnte...

Ein sehr interessantes Thema ist wie schon in „Nur eine Illusion?“ das Spannungsfeld zwischen Sprache und Teleologie. Sehr schön auf den Punkt gebracht wird dieser Konflikt durch ein Zitat von Hans-Dieter Mutschler:

Wenn in neueren biologischen Publikationen auf Schritt und Tritt teleologische Begriffe vorkommen, so teilen sie uns mit, es sei nur „teleonomisch“ gemeint. Die Teleologie sei eine abkürzende Redeweise für etwas, das sie auch rein kausalmechanisch ausdrücken könnten, wenn sie nur wollten. Leider wollen sie nie.“

(zitiert auf Seite 39)

Die Vereinnahmung der Sprache und Erfindung neuer Begriffe grenzt teilweise an Lächerlichkeit. Teleonomie soll vermutlich ähnlich wie bei Astronomie Seriosität suggerieren, und Teleologie in die Astrologie-Schmuddelecke drängen. Richard Dawkins, der sich schon mit der Sprachschöpfung Meme als kreativer Geist erwiesen hat, wirft mit 'designoid' oder 'archi-purpose' und 'neo-purpose' ebenfalls schicke neue Wörter in den Raum. Während die einen vor der Verwendung teleologischer Begriffe warnen, schlagen andere wie Kenneth Miller gerade die Übernahme des „Kreationisten-Vokabulars“ durch die Evolutionsbiolgie vor. (Wobei letzteres ja eh längst praktiziert wird.)

Bemerkenswert ist auch hier wieder, dass das, was eigentlich bewiesen werden soll, bereits als prinzipiell gegeben vorausgesetzt wird. (Seit Darwin wissen wir... etc. pp.) Wie auch in meiner amazon-Kritik zum Buch geschrieben, kommt mir hier immer das Neusprech in Orwells 1984 in den Sinn. Zumindest scheint die Geschichte den Verdacht zu erhärten, dass, wer die Sprache manipulieren muss, die Realität nicht auf seiner Seite hat.

Weitere Themengebiete des Buches sind die sogenannte Dysteleologie, der methodische Naturalismus sowie das Argument, dass Design als alternative Erklärung Gott zum „Lückenbüßer“ degradiere. Bei letzteren wird ja gern behauptet, dass neue Erkenntnisse den angeblichen Lückenbüßer regelmäßig aus seiner Lücke vertreiben. Tatsächlich scheint es jedoch eher so, dass sich Dysteleologie-Argumente oft als verfolgte Lückenbüßer erweisen. Beispielsweise schrieb Kutschera 2001 in seiner Einführung in die Evolutionsbiologie, dass DNA-Schrott „im Widerspruch zum Konzept eines planenden Schöpfers“ stehe. (Zitat bei Rammerstorfer auf Seite 54) Mittlerweile ist man vorsichtiger mit Begriffen wie Junk-DNA. Der Leipziger Genetiker Mark Stoneking meint beispielsweise „Das, was wir für Genschrott gehalten haben, zeigt uns jetzt, wie naiv wir waren“. Man benutzt zum Teil also Argumente aus Unwissenheit oder Naivität, die durch zunehmendes Wissen aus ihrer Lücke vertrieben werden - genau das, was man der „Gegenseite“ unterstellt.

Zum Kapitel „Teleologie nach Darwin“ muss ich gestehen, dass ich hier die Argumentation mit dem Ursache-Wirkung-Paradoxon nicht wirklich verstanden habe.

Letztendlich bleibt als letzter „Gegner“ eigentlich nur noch der methodologische Naturalismus übrig, wie Lewontin oder Carroll auch einräumen. Dieser Materialismus ist nach Lewontin absolut, man könne sich „keinen göttlichen Fuß in der Tür erlauben“. Das ist ja im Prinzip völlig unabhängig davon, ob man tatsächlich plausible naturalistische Mechanismen findet oder nicht. Auch hier wird wieder deutlich, dass es in der Kontroverse oft eigentlich gar nicht um die Details geht, um die es gehen sollte. Rammerstorfer schreibt treffend, dass eine ausschließlich an naturalistischen Erklärungen interessierte Wissenschaft davon abrückt, eine aufrichtige und ehrliche Wahrheitssuche zu sein. ("Intentionales Design in der belebten Natur ist eine Illusion, weil der methodologische Naturalismus es ausschließt" wäre auch eine seltsame Schlussfolgerung)

Im Anhang geht Rammerstorfer noch auf die gern eingebrachte Frage „Und wer schuf den Designer?“ ein. Obwohl es im direkten Vergleich zu „Nur eine Illusion?“ keine spektakulären Neuerungen gibt, denke ich, lohnt sich der Erwerb des Buches auch für Personen, die die Ursprungsthematik bereits seit längerem verfolgen.

Sonntag, 30. Mai 2010

Fleisch macht schlau

Die aktuelle Ausgabe des Stern thematisiert den übermäßigen Fleischkonsum der Deutschen, beziehungsweise der meisten Menschen allgemein. Die moderne Massentierhaltung (ein schöner Euphemismus für ein gesellschaftlich sanktioniertes und im industriellen Maßstab betriebenes Zu-Tode-Foltern) ist dabei allerdings eher Nebensache. Die Umweltverschmutzung zieht da als Argument schon eher. Wenn die überzüchtete Masse der Todgeweihten mit ihren Abgasen schon die Atmosphäre erwärmt, kann man ja dann doch mal ein Steak weniger auf den Grill hauen. Die Titelschlagzeile "Esst weniger Fleisch!" hat auch nicht wirklich einen gesundheitlichen Hintergrund, die Quintessenz nach zehn Seiten ist eher, dass die Fleischindustrie wieder mehr Qualität produzieren soll. Aber immherin ist es ja schon mal ein Anfang...

Vielsagend ist schon der erste Satz: "Vorab an alle Vegetarier, Veganer und passionierten Salatverzehrer: Ohne Fleisch, tut uns leid, ohne Fleisch kein Mensch, kein Homo sapiens. Ohne Fleisch wären wir noch Affen." Was gleich die Freude bei den doofen Körnerfressern dämpfen soll, offenbart eigentlich die ultimative Rechtfertigung für Fleischkonsum jeder Form: Was uns zum Menschen machte, kann an sich nicht schlecht sein. Die Speiseplan-Erweiterung des Frühmenschen auf Fleisch soll innerhalb einer Million Jahren eine Verdreifachung des Hirnvolumens bewirkt haben. Und da wir keine Reißzähne haben und uns vor rohem Fleisch auch eher ekeln, vor allem wenn es noch irgendwie an den früheren Besitzer erinnert, muss das Fleisch natürlich gegrillt, gekocht oder gebraten und ordentlich gewürzt sein.

Populärwissenschaftliche Texte mit evolutionsbiologischem Hintergrund heben dementsprechend auch regelmäßig nur positive Aspekte des Verzehrs unserer lieben Verwandten hervor. Im Focus-Artikel Das Geheimnis unseres Erfolges heißt es beispielsweise: "Das Fleisch – ein sehr kalorienreiches Nahrungsmittel, das zudem viele ungewöhnliche Fettsäuren enthält – ermöglichte es den Frühmenschen, größere Gehirne zu entwickeln." Da fragt man sich ernsthaft, warum die fleischverarbeitende Industrie nicht längst die Evolutionsbiologie für ihre PR entdeckt hat. Mal ehrlich, ein Werbespot mit diesem Satz, vielleicht noch mit einem Kind, das gerade herzhaft in sein Brot mit Bärchenwurst beißt... welche Eltern würden da nicht ein großes Stück Fleisch neben die Zuckerbomben mit der Extraportion Milch in den Einkaufswagen legen?

Auch ein schönes Beispiel ist Der kochende Affe aus dem Tagesspiegel: "Das Kochen lässt außerdem Gifte zerfallen, es tötet Krankheitserreger ab, es hat eine konservierende Wirkung, und es macht etliche Nahrungsmittel überhaupt erst genießbar." Dass Vitamine hitzeempfindlich sind und bei manchen Erhitzungsarten auch Gifte entstehen, wie Acrylamide oder PAK, wird nicht erwähnt. Kein Wort auch vom erwiesenen Zusammenhang zwischen vermehrten Konsum von rotem Fleisch und erhöhtem Krebs- und Herzinfarktrisiko. In dem Zusammenhang müsste man eigentlich auch annehmen, dass unsere Vorfahren, die während der harten und kargen Eiszeiten hauptsächlich auf Fleisch von Mammut und Co. zurückgreifen mussten, ein mindestens ähnliches Gesundheitsrisiko hatten. Man könnte natürlich argumentieren, dass sie gar nicht in das Alter kamen, in dem der Herzkasper zuschlägt, allerdings mutet es schon etwas seltsam an, das etwas, was das Individuum krank macht, auf die Gemeinschaft als Ganzes längerfristig positiv gewirkt haben soll, indem es die Intelligenz erhöhte.

Die Losung 'Fleisch machte uns zu Menschen' oder 'höherer Proteinkonsum = wachsendes Hirn = wachsende Intelligenz' hat aber auch andere seltsame logische Implikationen. Zum einen kann man sich fragen, ob eine rein quantitative Größenzunahme eines Organs tatsächlich automatisch einen entsprechenden Qualitätszuwachs bei der Funktion des Organs herbeiführt. Kurios ist in dem Zusammenhang auch, dass in populärwissenschaftlichen Darstellungen oft Ursache und Wirkung verwechselt werden, nach dem Motto 'Das wachsende Hirn brauchte Nährstoffe'. In einem Buch, das ich gerade lese, heißt es beispielsweise mit Bezug auf Balkenfasern, die beide Gehirnhälften verbinden: "[...] die Evolution [ließ] sich beim Homo sapiens etwas Neues einfallen [...] Da sie den Babykopf nicht noch weiter vergrößern konnte, kam es zu einer Aufgabenteilung zwischen den beiden Häften [...]" Wenn Evolutionsbiologen meinen, solche Zusammenhänge auch rein physisch-kausal erklären zu können, wenn sie nur wollten, dann muss man Wissenschaftsjournalisten wohl vorwerfen, dass sie das noch nicht einmal wollen...

Auch der Zusammenhang zwischen wachsendem Hirn und wachsender Intelligenz kann in Frage gestellt werden. Zum einen hatte Homo floresiensis mit einem Hirn von Schimpansengröße eine erstaunliche handwerkliche Begabung, und das noch vor maximal 100.000 bis 15.000 Jahren. (Was zum Teil damit erklärt wird, dass auch ein kleines Gehirn leistungsfähig sein soll, wenn die Neuronen entsprechend intensiv verknüpft sind. Wenn aber die Möglichkeit intensiverer Vernetzung als grundsätzliche Alternative zur Hirnvergrößerung besteht, dann fragt sich, wieso Mutter Natur die Hirne überhaupt wachsen ließ, wenn damit erhebliche Risiken bei der Geburt, etc. verbunden sind) Zum anderen hatten Neandertaler und Cro-Magnon-Mensch ein größeres Gehirn als der Jetztmensch (letzterer über 16 cm³ im Vergleich zu heutigen 12 bis 14 cm³) Außerdem scheint auch mit erheblich verringerter Hirngröße eine Intelligenz möglich, die deutlich über der von Primaten liegt, wie der Fall eines französischen Beamten zeigte, der seinen Alltag mit einem Zehntel Gehirn meistert.

Zudem zeigen Säugetiere, die Fleisch konsumieren, bisher keine Tendenz zu wachsendem Hirn bzw. Hirnleistung. Was im Focus-Artikel folgendermaßen kommentiert wird: "Das Fleisch war zwar notwendige Bedingung für das Wachstum des Gehirns und damit die Evolution des Menschen, es war aber nicht die Ursache, schließlich hätten sonst auch alle möglichen anderen Fleischfresser eine ähnliche Entwicklung durchmachen müssen. William Leonard führt die rasante Entwicklung auf viele Faktoren zurück, die sich gegenseitig verstärkten. Mehr Fleisch bedeutete eine Begünstigung des Gehirnwachstums, dadurch erweiterte sich die Lernfähigkeit, was wiederum ein komplexeres Sozialleben ermöglichte und die Entwicklung innovativerer Werkzeuge oder Jagdtechniken." (Wobei das die entscheidende Frage eigentlich nur verschiebt, denn warum zeigen sich dann eben diese verstärkenden Faktoren nicht bei anderen Fleischfressern?)

Wenn erst gekochte oder anderweitig erhitzte Nahrung die Hirn-Kraftnahrung sein soll, dann könnte man sich auch fragen, wie unsere Vorfahren überhaupt den Intelligenzstatus erreichten, der für entsprechende Zubereitungstechniken nötig ist. Immerhin gehört schon einiges dazu, ein Feuer zu machen oder Wasser aufzusetzen. Oder wenigstens das Fleisch von Aas zu zerschneiden oder Knochen aufzubrechen.

Davon abgesehen sollte eine entsprechende Wirkung bei rezenten Tieren eigentlich nachweisbar sein, wenn auch nur ansatzweise. Immerhin könnte man ja annehmen, dass der Mensch schon früh domestizierte Tiere mit durch Kochen "vorverdauter" Nahrung fütterte. Literatur zu entsprechenden Langzeitversuchen, Pflanzenfresser mit rohem oder hitzebehandeltem Fleisch, bzw. gekochter pflanzlicher Kost zu ernähren, habe ich leider nicht gefunden. Allerdings wird in entsprechenden Tierforen dringend davon abgeraten, pflanzenfressende Tiere mit Fleisch zu füttern...

Donnerstag, 22. April 2010

Zillmer-Interviews

Hier mal Links zu zwei Interviews mit Hans-Joachim Zillmer auf alpenparlament.tv. Zillmer ist nicht unumstritten, trotzdem ist vieles von dem, was er sagt, ganz interessant. Dauer jeweils eine knappe Stunde.

Der Energie-Irrtum

Die Evolutionslüge

Sonntag, 18. April 2010

Auf Paulus' Spuren

Letzte Woche war ich da, wo der Papst jetzt ist: Auf der Insel Malta. Dementsprechend wurde dort auch fleißig gehämmert und gebohrt. Zum Glück bin ich auch einen Tag vor dem großen Vulkanasche-Chaos wieder hier gelandet. Und ebenso wie der Papst habe ich Orte aufgesucht, an denen Paulus vor 1950 Jahren gewesen ist. Besser gesagt: gewesen sein soll, denn ich musste bei der Internetrecherche im Vorfeld feststellen, dass es historisch nicht hundertprozentig sicher ist, dass die in Apostelgeschichte im Original als Meliti bezeichnete Insel tatsächlich Malta ist.

Vor allem Heinz Warnecke zweifelt das in seinem Buch War Paulus wirklich auf Malta? an. Die Gründe sind zum einen nautisch-geografisch (immerhin wird in der Apostelgeschichte das Adria-Meer erwähnt), zum anderen gibt es auf Malta keine Spuren des Christentums vor dem 4. Jahrhundert. Ein besserer Kandidat scheint die Insel Kephalonia vor Griechenland zu sein. Hier gibt es auch, im Gegensatz zu Malta, immer noch Giftschlangen. (mehr dazu hier oder hier)

Im Prinzip fände ich das nicht so schlimm, wenn es nicht bedeuten würde, dass ich nun vermutlich doch keinen biblischen Schauplatz besucht habe. Trotzdem hier mal ein paar Urlaubsbilder:

Die St.-Pauls-Insel. Klein im Hintergrund sieht man eine Paulusstatue.

Das bin ich in der St. Pauls Bay.

Einer der 365 Kirchen, die man auf der relativ kleinen Insel (halb so groß wie Berlin) errichtet hat. 95 % der Bevölkerung ist katholisch, Ehescheidungen und Feuerbestattungen sind gesetzlich verboten.

Der Dom in Mosta, der drittgrößte Kuppelbau dieser Art in Europa.

In der Paulus-Katakombe in Rabat. Hier soll Paulus die erste Christenversammlung auf Malta gegründet haben.

Die Paulus-Grotte unter der St. Pauls Church. Hier soll Paulus kurz gefangen gehalten worden sein.

Ein Abenteuer für sich ist das Busfahren auf Malta, mit teilweise uralten Leyland-Bussen. Der Bereich des Fahrers ist fast immer mit allen möglichen Heiligenfiguren und entsprechenden Sprüchen dekoriert. Dawkins' Bus-Aktion hätte auf Malta sicherlich keine große Chance...

Der wilde Waldmops

Zum 60. Geburtstag der ARD hier mal einer meiner Lieblingsbeiträge von Loriot. :)

Mittwoch, 7. April 2010

Vorschau


Hier nur kurz der Hinweis auf die deutsche Fassung von Expelled, die auf DVD erhältlich ist. Premiere war bereits am 26. März in der Berliner Urania. Hier der Trailer zum Film. Als Sprecher von Ben Stein konnte Joachim Kerzel gewonnen werden, die bekannte deutsche Stimme unter anderem von Sir Anthony Hopkins, Dennis Hopper und Jack Nicholson.

Eine ausführlichere Rezension des Films wird folgen (wird aber mindestens noch eine Woche dauern, da ich morgen in den Urlaub fliege :).



Als zweites möchte ich auf das neue Buch von Markus Rammerstorfer hinweisen: Lebewesen und Design. Auch dazu wird eine Rezension folgen.

Donnerstag, 1. April 2010

Darwin-Statue geplant

Laut einer portugiesischen Webseite hat die sogenannte "Iniciativa Humanidade" in Lissabon die Mehrheit für ein zweifelhaftes Vorhaben durchsetzen können. Die 1959 eingeweihte und 28 Meter hohe Cristo-Rei-Statue - eine Christusfigur mit ausgebreiteten Armen - soll gegen eine entsprechende Nachbildung Charles Darwins ersetzt werden.

Die Präsidentin der Iniciativa Humanidade, Maria de Mutola, begründet das Vorhaben damit, dass Lissabon zwar im Zweiten Weltkrieg verschont wurde (womit die Christus-Statue begründet wurde), die Stadt aber auch durch das Beben von 1755 komplett zerstört wurden war. Dieses Beben hatte große Auswirkungen auf die Philosophen der damaligen Zeit, darunter Immanuel Kant, und trug damit zur Auseinandersetzung mit der Religion und der Ausbreitung des Humanismus bei. Damit wurde auch der Weg frei für wissenschaftliche Wahrheiten wie die Evolutionstheorie Darwins.

Erste Entwürfe portugiesischer Künstler zeigen unter anderem eine ausgebreitete Hand Darwins, auf der Skulpturen von Tieren stehen bzw. aus seinem Ärmel hervorkommen sollen.

Dienstag, 30. März 2010

Ergänzung der Linkliste

Wolf-Ekkehard Lönnig bat mich, auf seine jüngste Arbeit hinzuweisen:

Wolf-Ekkehard Lönnig (2010):

Die Evolution der karnivoren Pflanzen:

Was die Selektion nicht leisten kann

das Beispiel Utricularia

http://www.weloennig.de/Utricularia2010.pdf


Thema:

Der folgende Beitrag beschäftigt sich zunächst mit der von Martin Neukamm, Stefan Schneckenburger und Johannes Sikorski verfassten Einleitung zum Kapitel IX des Buches Evolution im Fadenkreuz des Kreationismus. Darwins religiöse Gegner und ihre Argumentation (2009, hrsg. von M. Neukamm, abgekürzt MN), Titel des Kapitels: "Was die Selektion angeblich nicht leisten kann. Diskussion von drei Paradebeispielen." [...]


Mehr zum Inhalt zu einem späteren Zeitpunkt.

Donnerstag, 11. März 2010

Kleister für alle

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde erstmals seit 1993 wieder eine genmanipulierte Pflanze in der EU zugelassen. Die Kartoffelart Amflora enthält besonders viel Stärke, was ursprünglich vor allem für technische Anwendungen wie die Produktion von Kleister gedacht war. Als Futtermittel ist sie nun jedoch ebenfalls zugelassen, sowie eine "Lebensmittelverunreinigung" bis 0,9 %. Die Ludwigshafener Firma BASF will sie in Deutschland, Schweden und Tschechien anbauen. Und das, obwohl die Pflanze als sogenanntes Marker-Gen ein nicht unumstrittenes Gen enthält, das eine Resistenz gegenüber bestimmten Antibiotika bewirbt und durch horizontalen Gentransfer auch in tierische oder menschliche Mägen gelangen kann.

greenpeace.de