Samstag, 28. Juni 2008

Alle Vögel fliegen hoch

Eine in Science veröffentlichte Erbgutanalyse von 169 Vogelarten bringt den Stammbaum der Vögel ins Wanken. Vogelarten, die aufgrund von Aussehen oder Verhaltensweisen als evolutionär verwandt angesehen wurden, sind es nach der Studie offenbar doch nicht.

Flamingos sind demnach nicht so nah verwandt mit Lappentauchern wie bisher angenommen, der Kuckuck nicht so nah mit anderen Landvögeln (passt ein bisschen zu seinem Image...). Dagegen zeigten sich Sperlingsvögel und Papageien als näherstehend als bisher gedacht.

Damit dürfte die Liste von Merkmalen und Lebensweisen, die als zufälligerweise mehrmals unabhängig voneinander entstanden gelten, wieder etwas länger werden.
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A Phylogenomic Study of Birds Reveals Their Evolutionary History

Erbgut-Analyse rupft Vogel-Stammbaum

Donnerstag, 26. Juni 2008

Freitag, 6. Juni 2008

Theodizee und 'Hypothese Gott'

Zwei Haupt-Argumentationen gegen ein theistisches Weltbild sind zum einen die sogenannte Theodizee, die problematische Annahme eines allguten, allmächtigen und allweisen Schöpfers in einer Welt, in der Übel und Ungerechtigkeit regieren, zum anderen die praktischen Erfolge einer naturalistischen Weltsicht, getreu der berühmten Antwort des französischen Forschers Laplace auf die Frage Napoleons nach dem Platz Gottes in seinen Theorien: "Sire, der Hypothese ,Gott' bedürfen meine Theorien nicht."

Auf den ersten Blick doch recht überzeugend, befinden sich diese beiden Argumentationsprinzipien auf den zweiten Blick an entgegengesetzten Enden eines Spektrums von möglichen Antworten auf desselbe Thema: Wie gut funktioniert unsere Welt? Beziehungsweise: Könnte sie besser funktionieren, oder leben wir in der besten aller möglichen Welten?

Offensichtlich funktioniert diese Welt mehr oder weniger gut ohne das Eingreifen eines höheren Wesens, eines 'Superintellekts' oder 'Overminds'. Wie gut die Welt ohne diese Annahme funktioniert, erscheint für eine Argumentation gegen diese Annahme zunächst unerheblich. Logisch gesehen muss man jedoch sagen: Je besser etwas ohne Annahme X funktioniert, um so stärker ist das Argument gegen Annahme X. Wäre die Welt, in der wir leben, gerechter, besser und schöner, wäre die Position derjenigen gestärkt, die sagen: Wir können auch ohne Annahme X - sprich Gott - eine gerechtere, bessere, schönere Welt schaffen/haben - und wenn wir Gott dazu nicht brauchen, wozu sollten wir dann seine Existenz erwägen?

Je ungerechter, schlechter, hässlicher andererseits unsere Welt wäre, um so mehr greift die Theodizee: Eine so ungerechte, schlechte, hässliche Welt kann kein guter, mächtiger und weiser Gott geschaffen haben - wozu sollte man also dessen Existenz erwägen? (Gott ist sozusagen in einer Lose-Lose-Situation.)

Während also die Ungerechtigkeiten und Übel dieser Welt (so subjektiv sie auch oft sein mögen) die Theisten intellektuell herausfordern, da sie als potentielle Falsifikationen ihrer Position erscheinen, sehen sich Atheisten in ihrem Weltbild bestätigt, egal was da komme.

P.M. - Paradoxe Mischung

Das populärwissenschaftliche Magazin P.M. überrascht mich in letzter Zeit immer wieder. Auf der einen Seite gibt es oft erstaunlich faire Beiträge zu Ursprungsfragen oder sogar religiöse Themen – da findet sich sogar mal Lennox´ Hat die Wissenschaft Gott begraben? unter den Buchtips – auf der anderen Seite erschreckend schlampig bis überhaupt nicht recherchierte Brachial-Polemik gegen den Kreationismus, den Public Enemy Nr 1. In Heft 05/2006 (Mit Gott gegen die Evolution) behauptete man sogar allen Ernstes: Wenn das "Bollwerk" Evolutionstheorie ("nach Meinung der meisten Wissenschaftler die wichtigste Bastion eines humanistisch-freiheitlichen Weltbilds") fällt, "ist es wohl auch nicht mehr weit bis zur Ächtung von Linken, Homosexuellen, Abtreibungsgegnern (sic!) oder anderen Menschen mit abweichenden Meinungen oder Verhalten".

Ein Beispiel für ersteres war ein Interview mit dem Philosophen Robert Speamann in Ausgabe 4/08. (Dementsprechend vorhersehbar natürlich auch das Aufheulen der Meute im Leserbriefbereich der aktuellen Ausgabe. Da wird Religion mit der Sehnsucht nach dem Schlaraffenland gleichgesetzt und gleichzeitig tumbes Atheistenbashing beklagt)

Das absolute Negativbeispiel ist dagegen ein kurzer Artikel auf Seite 18 des Juni-Hefts - "Kreationismus - Die Lügen", ironischerweise unter dem Label 'Wissenschaft auf dem Prüfstand': „Mit einem „Atlas der Schöpfung“ wollen Kreationisten Darwin widerlegen. Sie verfechten den biblischen Schöpfungsglauben, nach dem Gottvater die Lebewesen vor 4000 Jahren (sic!) geschaffen hat („Intelligent Designer“).

Dass sich praktisch alle deutschen Kreationisten von Harun Yahya und seinem Atlas deutlich distanzieren, interessiert hier nicht. Es sind „Die Kreationisten“, basta. Warum so einen guten Punkt durch differenzierte Berichterstattung schwächen? Zu den 4000 Jahren muss man wohl nicht mehr viel Worte verlieren. Egal wie lächerlich, bedrohlich oder sonstwie man Kurzzeitkreationismus finden mag, für ein populärwissenschaftliches Magazin ist so ein schlampiger Fehler einfach ein Armutszeugnis. Vor allem, wenn man den, über den man schreibt, des notorischen Lügens beschuldigt.

Abschließend heißt es in diesem Artikel: "Woher beziehen Kreationisten ihren Glauben, dass Wissenschaftler die Existenz Gottes leugnen? Das Gegenteil ist der Fall, für viele Forscher bedingen und ergänzen sich Wissenschaft und Religion. Beispiel Max Planck*: Je mehr er in die Rätsel der Quantenphysik eindrang, desto ehrfürchtiger und gläubiger wurde er." Tja, woher wohl? Vielleicht von Leuten wie Dawkins? Von diversen Blogs, auf denen jeder dritte Post irgendeine Strichmännchenkarikatur ist? Von stolz veröffentlichten Atheistenquoten unter Biologen? Schon ziemlich paranoid, diese Kreationisten...

* Mit der Religiosität Plancks hat sich W.E. Lönnig auf seiner Internetseite auseinandergesetzt: Max Planck zum Thema Gott und Naturwissenschaft